Feruccios Herrenschneiderei / Nachtbar

Olivia blickte noch ein letztes mal durch das Schaufenster nach draußen, bevor sie sich daran machte die dunklen Vorhänge zuzuziehen, welche hinter den Kleiderpuppen angebracht waren. Der Stoff war dick und schwer, so dass kein Licht, und vor allem nur wenig Lärm nach draußen dringen würde. Seit drei Tagen regnete es fast ununterbrochen. Nur ab und zu schaffte es die Sonne durch die dicken grauen Wolken zu brechen und sie war froh dieses Wetter aussperren zu können.
Die Bahnen der Vorhänge schloss sie mit einigen Bändern, die sie miteinander verknotete, so dass sie nicht einfach geöffnet werden konnten.

Sie hatte sich bereits im Lagerraum, der Nachts als Hinterzimmer der Bar genutzt wurde, umgezogen. Hatte die gestärkte weiße Leinenbluse und den dunkelbraunen Rock, der ihr bis zur Hälfte der Unterschenkel reichte, gegen ein locker sitzendes, dunkelrotes Charlestonkleid getauscht. Anstatt der dunkelbraunen Lederhalbschuhe trug sie nun schwarze offene Schuhe, die mit einem Riemchen verschlossen wurden. Auf der Ladentheke, welche Nachts als Ausschank diente, lag der Bauchladen, gefüllt mit Zigarettenpäckchen, Zigarren und Streichholzbriefchen, die nur darauf warteten gekauft und kosumiert zu werden.

Lautes Rumpeln riss Olivia aus ihren Gedanken, gefolgt von ein paar italienischen Flüchen, bevor ihr Bruder die Tür mit dem Rücken aufschob und mit einigen Stühlen in den Verkaufsraum trat. Olivia blinzelte zwei mal: "Was ist passiert?" fragte sie ihn, während sie eines der Zigarettenpäckchen öffnete, sich eine in den Mund steckte und anzündete: "Nur ein Stapel mit Stoffballen, der sich gerade verselbständigt hat..." antwortete ihr älterer Bruder Fabrizio harsch und seine braunen Augen blitzten gefährlich. Er musterte sie von oben bis unten: "Wie wärs wenn du dich nützlich machst und sie wieder aufhebst, bevor du hier noch länger herum stehst und mich mit deinen Kuhaugen anglotzt?" blaffte er sie an und begann die Stühle zu verteilen. Olivia beschloss, dass es besser war wirklich lieber im Lager zu verschwinden.
Seufzend schob sie sich an der Theke vorbei ins Lager. Kisten und Stoffballen stapelten sich so, dass man sich ein wenig dazwischen hindurch schlängeln musste, um zu einem runten Tisch zu gelangen. Sechs Stühle waren darum verteilt. Auf jedem der Plätze stand ein Glas und in der Mitte des Tisches ein Aschenbecher aus Bleiglas und eine Flasche Whiskey. Das hieß dann wohl, dass heute die Culincis wieder hier auftauchen würden. Oder zumindest ein paar Handlanger der Familie. Wahrscheinlich würde wieder einmal über den Alkoholpreis verhandelt werden, was darin enden würde, dass ihr Vater sich morgen beim Frühstück darüber beschweren würde, dass der Liter Whiskey wieder ein paar Cent mehr kosten würde. Aber ändern konnte er es nicht. Und sich von jemand anderen mit Alkohol beliefern zu lassen, wäre einem Selbstmord gleich gekommen.
Andererseits hielten ihnen die Culcinis natürlich Konkurrenz vom Hals, weshalb es nur wenige Herrenschneider in der Straße gab.

Schweigend hob Olivia sorgsam die großen Stoffballen vom Boden auf und stapelte sie wieder zurück ins Regal. Für einen kurzen Augenblick ließ sie ihre Hand auf dem dunkelgrauen Wollstoff mit den weißen Nadelstreifen ruhen. Ein großartiger Stoff... Weich und anschmiegsam. Wahrscheinlich schlichtete ihr Vater bereits die Flaschen mit Whiskey und Gin ins Regal hinter der Verkaufstheke. Ebenso die Gläser und an der leisen Charleston Musik, welche vom Verkaufsraum hierher drang konnte Olivia erkennen, dass es Zeit war nach vorne zu gehen, weil bald die ersten Gäste hier eintreffen würden.

"Du machst dir zu viele Sorgen über die Culincis." Vito schaut Giorgio fragend an. "Du willst mir sagen das ich mir keine Sorgen machen soll? Ihr habt nicht 1500 Dollar Schulden bei denen." meint dieser zurück. Die Ladenbesitzer der Einkaufsstraße schließen bereits und gehen mit ihren Waren wieder zurück hinein in hre Geschäfte. Warum die überhaupt bei solch einem Wetter ihre Waren hinaus geben? So viele Leute kommen ja nun wirklich nicht hier einkaufen, zumindest bei diesem Wetter. "Dennoch wir haben auch Schulden, aber..." Vito will sich das jetzt nicht anhorchen. "Aber du hast einen Job bei den man mehr als nur 20 Dollar." Vito seufzt nun. "Lass uns dieses Thema." Giorgio nickt. Nun gut er ist auch nur im Büro von Mr Johnsen. Dort verdient er 50 Dollar die Woche, aber das ist mehr als das doppelte das Vito verdient. Jedoch arbeitet bei Vito die halbe Familie.

"Was meinst du Giorgio? Ist die Nachtbar von Feruccio schon offen?" Der Freund zuckt nur mit der Schulter. Vito hat endlich wieder mal 5 Dollar zusammengekrazt um wieder ein Bier trinken gehen zu können. So gehen die beiden Freunde weiter durch die Marktstraße. Kurz blickt Vito zu einem Ehepärchen die anscheinend streiten. Darauf schaut der Hafenarbeiter kurz zur Turmuhr. "Sie dürften bald aufmachen." murmelt der Mann daher und scheint irgendwo in Gedanken verloren zu sein. Nicht lange dauert es und er rempelt schon die erste Person an und obendrein ist es auch noch einer von Culincis Schlägern. Und als ob das nicht genug ist, es ist Pietro. Dieser Mann ist genau der, der die Schulden bei den Bericis eintreibt.

"Scusi, Pietro. Ich wollte dich nicht an.." weiter kommt er gar nicht mehr da erwischt ihn der Mann am Kragen. "Ah, Vito... Kannst deinen Vater schon mal ausrichten das ich am Sonntag 20 Dollar mehr einsammeln werde." 'Verdammter Halsabschneider' denkt sich Vito und nickt darauf nur. Giorigo hat der ganzen Sache zugesehn und es gefällt ihm gar nicht. Der Schläger lässt Vito nun wieder los. "Und schau das du weiter kommst." Die beiden Freunde machen sich nun so schnell wie möglich weiter. Wohin? Das dürfte doch klar sein, zur Nachtbar.

Endlich sind die Beiden dort angekommen. "Meinst du die haben schon offen?" "Keinen Plan." Vito zuckt mit der Schulter und klopft nun an. 'Na hoffentlich haben die offen, sonst können wir wieder zu diesem Kaffee gehen..."

Olivia beobachtet Fabrizio, wie er immer wieder den Seiteneingang öffnet, der vom Hinterhof des Hauses in die Schneiderei führte. Nur Stammkundschaft und Leute, die sie kannten dürfen Abends hier rein. Es waren hauptsächlich solche, die in hübschen Büros arbeiten, denn ein Fabrikarbeiter kann es sich ohnehin nicht leisten, regelmäßig zu trinken. Alkohol war teuer, weshalb er, genauso wie Kokain nicht für jeden leistbar war.

Vorsichtig, um niemanden anzurempeln zwängt Olivia sich durch die Leute und bietet immer wieder Zigaretten und Zigarren an, weshalb die Luft schon bald vom süßlich schweren Zigarrenduft geschwängert ist.

Aus den Augenwinkeln beobachtet wie Fabrizio noch einmal die Tür öffnet und zwei junge Männer eintreten. Olivia runzelt die Stirn... So oft kommen die nnicht hierher, wenn sie sich recht erinnert. Wahrscheinlich kommen ihr die Gesichter deshalb immer so markant vor. Denn im Gegensatz zu den Leuten, die jeden Freitag Abend hier ihre Zeit verbringen, fallen die Anderen eben auf. Aber Fabrizio scheint zumindest einen von ihnen recht gut zu kennen. Zumindest kann Olivia über die gedämpften Unterhaltungen und die Musik hinweg hören, wie er einen der Beiden Giorgio nennt und ihm freundschaftlich auf die Schultern klopft, bevor er die Beiden mit einer einladenden Handbewegung an sich vorbei lässt.

Olivia strafft die Schultern, während sie, einem etwa 40 jährigem Mann und seiner weitaus jüngeren Begleitung ein Päckchen Zigaretten verkauft. Ihr Blick fällt kurz auf die blonde Frau, die bei jedem Wort des untersetzten Kerls kichert, was Olivia auf den Gedanken bringt, dass das sicher nicht seine Ehefrau war, obwohl er einen Ehering trägt. Aber das ist nun wirklich nicht ihr Problem.

Sie wendet sich ab und wütende Röte steigt ihr ins Gesicht, als sie das flappende Geräusch, gefolgt von brennendem Schmerz an ihrem Hintern, hört. Mit zusammen gepressten Lippen wendet sie den Blick über die Schultern und kneift die Augen zusammen, was den Kerl, dem sie eben Zigaretten verkauft hat, zum Lachen bringt. Olivia atmet tief ein, bevor sie sich zum Gehen wendet. Sie drängt sich zwischen den Leuten hindurch zur Verkaufstheke und kommt neben diesem Giorgio und dem Anderen zum Stehen. Lautstark knallt sie den Bauchladen auf den Tisch, was ihren Vater überrascht aufblicken lässt.
"Ich mach Pause..." knurrt sie, greift nach der offene Packung Zigaretten aus dem Bauchladen und zündet sich eine an.
"Dio!" presste ihr Vater hervor, fasste sich allerdings gleich wieder und grinste breit in Richtung der beiden Männer: "Weiber."

Vito lässt Giorgio wie immer sein Ding hier durchziehen. Nur gut das er mit Fabrizio einen guten Bekannten hat, sonst wären sie wie fast immer im Italiano Café um dort ein Bier zu trinken. Vito sieht etwas mistrauisch die Leute an die sich hier eingefunden haben. Seine Augen weiten sich als er dort schon wieder Pietro erblickt. 'Der Kerl lässt entweder nicht nach oder er ist hier einfach was trinken... aber nicht alleine." Vito blickt sich weiter um. Nein, nichts kein einziger der Calincis ist noch hier. Zumindest keiner den er erkennen kann.

An einigen Gästen müssen sich die beiden Freunde vorbeidrücken um dann endlich an der Bar angelangen zu können. "Buona sera signore Feruccio." grüßt Giorgio den Inhaber der Schneiderei. Vito grüßt ebenfalls mit einem freundlichen "Buona sera." Signore Feruccio grüßt sofort zurück. "Was darf es denn sein." "Zwei Scotch." bestellt Giorgio dann gleich. "Ich kann das.." nicht annehmen will Vito sagen, wird aber dann schon von Giorgio unterbrochen. "Doch kannst du, ich werd dich doch auch mal einladen dürfen." "Danke." Nach dem kurzem Wortspiel werden die gefüllten Gläser dann auch auf der Theke. Giorgio schiebt dann gleich das Geld rüber.

Nach einigen Schlücken und dem Gespräch über die Arbeit macht es dann auch schon einen lauten Rumser neben ihnen. Vitos rechte Augenbraue wird angehoben und er mustert die junge Frau. Ein Schluck folgt noch dann hört er den Vater der Frau noch "Weiber" sagen. Vito blickt nun zu Giorgio. "Was meinst du? Glaubst du sie sind hier?" fragt er den Freund. Giorgio dreht sich um und blickt die Anwesenden an ehe er sich wieder Vito zuwendet. "Mehr als genug." gibt er knapp zur Antwort und merkt dabei das sie wohl einen schlechten Tag ausgesucht haben.

Vito blickt kurz darauf nun zu der Frau neben sich und lächelt diese an. "Probleme?"

"Probleme?" Olivia zuckt mit den Schultern und zündet sich die Zigarette an. "Nicht mehr als sonst."
"Was war denn los?" mischt ihr Vater sich neugierig ein und Olivia zuckt mit den Schultern: "Einige Herren können ihre Finger nicht bei sich behalten, aber das ist ja nichts..." Sie wird je unterbrochen, als sich ein breit gebauter Kerl hinter ihr vorbei schiebt hin zur Theke. Er wechselt einen kurzen Blick mit Olivias Vater, welcher nickt und ihrem Großvater, der sich gerade mit einem der Gäste unterhält zuwinkt und jetzt auf sie zukommt um ihren Vater hinter der Theke abzulösen. Dieser verschwindet, gefolgt von dem breitschultrigen Kerl im Lagerraum.

Vier oder fünf weitere Männer lösen sich aus der Menge und folgen den beiden. Darunter auch der untersetzte Kerl von vorhin, der sein blondes gackerndes Hühnchen an der Hüfte fest umschlungen hält. Olivia kommentiert das was gechieht mit einem Schulter zucken, bevor sie sich wieder Giorgio und seinem Freund zuwendet: "Also... Mein heutiges Problem ist gerade ins Hinterzimmer verschwunden." ihr Mund verzieht sich zu einem Grinsen, und sie greift nach zwei Zigarren aus dem Bauchladen, welche sie den beiden anbietet und während Giorgio sich ohne weiteres eine davon nimmt, sieht der andere etwas zögerlich aus und Olivia schüttelt den Kopf: "Nimm schon. Geht aufs Haus, weil... Na weil ich so ein nettes Mädchen bin."
"Ein nettes Mädchen? Dabei hast du uns noch nicht mal deinen Namen verraten." Giorgio hat sich inzwischen lässig an die Theke gelehnt und versucht nicht einmal zu verbergen, dass er sie unverhohlen mustert, was Olivia allerdings ignoriert: "Olivia." antwortet sie mit einem freundlichen Lächeln. "Olivia..." wiederholt Giorgio ihren Namen langsam. "Ich bin Giorgio und das ist Vito." Er deutet auf seinen Freund, der offensichtlich nicht einmal dazu kommt etwas zu sagen. Olivias Augen blitzen frech: "Du hast wohl inzwischen deine Zunge verschluckt? Oder ist dein Freund hier einfach so eine Labertasche, dass du nicht zu Wort kommst? Freut mich." Grinsend hält sie ihm die Hand hin.

Vito blickt den Alten noch hinterher der nun im Hinterzimmer verschwindet. Pietro ist auch einer jener Männer die dort hinten verschwindent. Damit ist Vito nun auch klar das sie heute einen echt schlechten Tag erwischt haben um hier hin zu kommen. 'Die Kerle treiben sich auch fast überall rum.' denkt er sich noch. Zu ihren Problem sagt er erstmal nichts mehr, naja was soll man auch sonst groß machen? In Gegenwart der Culincis irgendetwas über sie zu sagen kann man später irgendwann bereuen und das will er sicher nicht tun. Ein Schluck vom Scotch folgt nun wieder.

Der Hafenarbeiter grinst nun als Olivia ihnen eine Zigarre anbietet zögert aber eine Weile ehe er sie nimmt. Giorgio zündet seien Zigarre mit seinem Benzinfeuerzeug an. Auch Vitos Zigarre wird angezündet. Sofort zieht Vito an der genüsslichen Ware. 'Besser als die billigen Zigaretten die mein Alter mir manchmal gibt' denkt er sich grinsend. "Danke, Olivia." meint Vito dann zu der Frau. Als Giorgio nun wieder weiter rumflirtert rollt er kurz mit seinen Augen, aber wo er Recht hat hat er Recht, die sie ist wirklich mehr als nur hübsch.

"Du hast wohl inzwischen deine Zunge verschluckt? Oder ist dein Freund hier einfach so eine Labertasche, dass du nicht zu Wort kommst? Freut mich." hört Vito und nimmt die Hand entgegen und schüttelt diese. "Die Freude ist ganz auf meiner Seite Signora." meint er dann. "Normalerweise bin ich ja der Gesprächigere von uns Beiden, aber wenn eine Frau in der Nähe ist kann er es einfach nicht lassen." Darauf lässt er die Hand wieder los. "Ihr müsst wissen, seitdem er ins Büro von Mr Johnsen befördert wurde, ist er natürlich etwas offener für alles." Nach den Worten fühlt Vito wie Giorgio ihn mit den Ellbogen auf den Oberarm locker schlägt.

"Er meinte natürlich das ich zum Abteilungsleiter befördert wurde, mein Freund hier verwechselt mich öfters mal mit einem anderen Freund musst du wissen." Vito schaut Giorgio mit einem fragenden Blick an, lässt das dann aber gleich wieder, sonst kommt hierbei nur ein Blödsinn raus, obwohl der schon angefangen hat. "Genau." meint Vito dann noch und zieht wieder an der Zigarre.

"Abteilungsleiter... Aha..." Olivia macht eine abwinkende Handbewegung, die mehr als deutlich macht, dass sie von solchen Angebereien nicht all zu viel hält, behält allerdings ihr Lächeln im Gesicht, bevor sie ihre Zigarette mit einer eleganten Handbewegung im Aschenbecher ausdrückt und nach der Wasserkaraffe neben der Registrierkassa aus poliertem Kupfer, greift um sich ein Glas voll einzuschenken.
Nachdenklich führt sie das Glas an die Lippen und lässt ihren Blick über die Gäste schweifen, beobachtet wie Fabrizio die Platte des Grammophons wendet, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder der Tür widmet, ebenso wie Olivia, die ihre Aufmerksamkeit jetzt wieder den beiden jungen Männern schenkt und sich die selbe Frechheit herausnimmt, wie Giorgio es getan hat. Unverholen mustert sie die Beiden von oben bis unten. Ja... Dem Einen kann man richtig ansehen, dass er den ganzen Tag nichts anderes tut als Leute in einem Büro zu dellegieren. Sicher... Olivia müsste lügen, wenn sie sagen müsste, dass er nicht gut aussieht, aber ganz ihren Geschmack trifft Giorgio nicht.

Was Vito anbelangt tapt sie allerdings völlig im Dunkeln. Für einen Schläger der Culcinis sind seine Hände nicht groß genug... Allerdings sieht er auch nicht nach einem Mann aus, der ständig in einem Büro sitzt oder in einer Bank am Schalter steht. Allerdings ist sein Gesichtsausdruck zu wenig verbittert um Fabriksarbeiter zu sein. Denen sieht man meist schon an der Nasenspitze an, dass sie ihre Arbeit nicht ausstehen können. Trotzdem sieht er so aus, als hätte er irgendwelche Sorgen. Seit Olivia in der Bar hilft hat sie sich ein gewisses Maß an Menschenkenntnis angeeignet und wenn jemand wirklich tiefsitzende Sorgen hat, sieht man das meist an seinen Augen. Sehr schöne in diesem Fall, wie sie feststellen muss.
"Also... Giorgio ist, ich nehme an er erwähnt das gerne, Abteilungsleiter. Und was machst du so um dir dein tägliches Brot zu verdienen?"

Vito grinst als Olivia den Beruf von Giorgio wiederholt und schüttelt leicht den Kopf ehe seine Hand wieder zum Scotch wandert und das Glas dann zum Mund führt um wieder einen Schluck davon zu nehmen. Darauf stellt er wieder das Glas ab und zieht an der Zigarre. Heute lässt er sich einfach mal gut gehen. Zum Vergleich wie es ihn sonst geht ist es heute wohl ein Traum für ihn. Aber morgen wird es wohl wieder losgehen. Stundenlanges Kistenschleppen. Eine hin und dann wieder eine zurück. Wie oft er neidisch ist auf Giorgios Arbeit im Büro, wobei das sicherlich auch alles andere als nur einfach ist. Er hatte nie gelernt mit einer Schreibmaschine umzugehen, nun gut Giorgio auch nicht.

Der Hafenarbeiter bekommt nun doch auch mit das Olivia die Beiden mustert, soll ihm ja Recht sein, schauen darf man ja hat ihn immer seine Mama gesagt. Kurz blickt Vito nun wieder hinter in die Menge. Da scheint sich nichts zu tun, oder zumindest nicht mehr als sonst. Als er nun wieder Olivia sprechen hört blickt er wieder zu ihr und lächelt. "Oh ja, Giorgio redet gerne über das was er ist. Ich bin auch relativ neidisch auf das was er ist. Ich schleppe den ganzen Tag unten an den Docks Kisten. Manchmal fahren wir sogar mit den Lastwagen zu einzelnen Geschäften um die Waren dort zu verkaufen. Nur ist es eben nicht viel was man dort verdient. Aber allemal besser als betteln zu gehen."

"Nun ja, das ist es ganz bestimmt." bestätigt Olivia und lehnt sich ein wenig an der Theke zurück. "Aber ist doch nett... Ich bin gern am Hafen und sehe zu wie die Schiffe ablegen und ankommen. Wenn nicht der ganze Müll im Wasser wäre, wäre es dort richtig schön."
"Und was machst du noch? Außer Leuten in Bars Zigarren auszugeben?" fällt Giorgio nun wieder ein und Olivia trinkt einen Schluck: "Dann helfe ich in der Schneiderei."
"Also wenn ich mir hier einen Anzug nähen lassen würde, dann würde er durch deine Hände gehen sozusagen? Eine interessante Vorstellung."
Bei Giorgios Worten zieht Olivia die Augenbrauen hoch: "Das kann man so sagen, ja... Allerdings hantiere ich mit spitzen Nadeln und Scheren. Ich habe gehört manchen Männern macht das Angst. Immerhin stecke ich die Anzüge für Änderungen ab. In der Nähe von sehr empfindlichen Stellen..." Grinsend führt sie das Glas wieder an die Lippen und trinkt einen Schluck, als ihr jemand von hinten an die Schulter tippt. Olivia wendet den Blick über die Schulter und zieht die Augenbrauen zusammen, als Fabrizio sie geringschätzig ansieht: "Occhio de mucca... Solltest du dich nicht um die Gäste kümmern?" fragt er und blickt zwischen den beiden Männern hin und her.
Olivia grinst dünn und tätschelt ihrem Bruder die Hand: "Aber das tue ich doch."
Ihr Bruder kneift die Augen zusammen. "solltest du dich nicht um die Tür kümmern?" fragt Olivia zurück und verschränkt die Arme vor der Brust. Mit einem zufriedenen Ausdruck in den Augen beobachtet sie wie er murrend abzieht, weshalb sich Olivia wieder den Beiden zuwendet: "Schade dass ihr nicht öfter hier seid. Eure Gesellschaft ist weit aus angenehmer als... Naja ihr wisst schon." Sie zuckt mit den Schultern und deutet mit einer leichten Kopfbewegung in Richtung der Tür zum Lagerraum deutet. Sie nimmt nicht an, dass sie mehr dazu sagen muss, und überlegt noch einen Moment, bevor sie wieder lächelt: "Vielleicht sehen wir uns ja einmal am Hafen?" Sie hofft zumindest, dass die beiden wissen, dass nicht der Bürohengst gemeint ist.

Vito nickt und lächelnd bei der Aussage von Olivia. "In meiner Kindheit habe ich auch gerne den Schiffen zugesehen, nur irgendwie ist schon langsam das Interesse daran vergangen." Irgendwo ist es verständlich. Er sieht nun schon seit einigen Jahren jeden Tag das selbe. Als sich nun Giorgio wieder zum Wort meldet muss er einfach grinsend den Kopf schütteln. Der Kerl ist wirklich eine Eigenheit wenn es um Frauen geht. Aber als nun Olivia davon redet was sie alles schneidern kann klopf Vito Giorgio auf die Schulter. "Mach dir nichts draus, merkt eh nie jemand." Der dürfte sitzen, jedoch hofft er das Giorgio den Witz dahinter versteht. "Aber du mit deiner Visage." "Ach." Kurzes Wortspiel was dann mit einem Grinsen beendet wird.

Als nun der Bruder von Olivia daherkomme trinkt Vito wieder einen Schluck und lauscht dem Gespräch, eigentlich nichts besonderes dürfte man denken, ist es aber anscheinend auch. Als Vito dann hört das Olivia es schade findet das sie nicht öfters hier sind meint er dann "Mir fehlt es an Geld und Giorgio hat auch nicht immer Zeit mich hier rein zu bringen musst du wissen." Als sie dann von den Culincis spricht nickt er "Glaub mir solange sie dich in Ruhe lassen ist alles in Ordnung." sagt er dann und dreht sich kurz um. Niemand belauscht sie.

"Vielleicht sehen wir uns ja einmal am Hafen?" wird Vito nun gefragt und er muss abermals lächeln "Das wäre durchaus schön wenn das passieren würde." antwortet er ihr und blickt dann grinsend zu Giorgio.

"Schön." Grinsend stellt Olivia ihr leeres Wasserglas energisch auf die Theke und drückt die halb gerauchte Zigarette aus. "Aber jetzt müsst ihr leider ein bisschen ohne mich auskommen. Ich weiß, das ist ein schwer zu ertragender Zustand, aber sonst wird der Bastardo an der Tür noch sauer. Ihr wisst ja wo ihr mich findet." dabei zwinkert sie Vito kurz zu, bevor sie sich den Riemen ihres Bauchladens wieder um den Hals hängt und, nicht ohne noch mal über die Schulter zu blicken und zu lächeln, zwischen den Leuten verschwindet.

Über die Musik hinweg konnte man gedämpft draußen die Sirene eines Polizeiwagens hören und sofor merkte man wie die Stimmung in der Bar kippte. Fabrizio riss die Nadel des Grammophons in die Höhe und die Luft knisterte förmlich wegen der Stille, die sich schlagartig breit machte.
Olivia hörte ihren Puls in den Ohren rauschen, während die Sirene immer lauter wurde. Sie kamen also wirklich die Straße runter. Das nervtötende Geräusch fraß sich unangenehm in Olivias Kopf und verursachte einen unangenehmen, kalten Schauer, der ihr über den Rücken läuft. Kalter Schweiß klebt ihr den Stoff ihres Kleides an den Körper und auch den Gästen steht der Schweiß glänzend auf der Stirn.

Offensichtlich haben die Wagen angehalten und Olivia geht langsam zwischen den Gästen hindurch zu den Vorhängen. Vorsichtig schiebt sie sie ein Stück auseinander und späht nach draußen. "Es ist nur einer... Und sie stehen schräg rechts gegenüber..." zischt sie über die Schulter. Dort befindet sich der kleine Laden eines Hutmachers. Amadeo war sein Name und er war schon an die 70. Seine Frau war letztes Jahr im Krankenhaus gestorben und seitdem, so wusste Olivia von ihrem Großvater, der jeden Sonntag Nachmittag Karten spielte, hatte er bei den Culcinis Schulden, weil er die Rechnung für das Krankenhaus nicht aus eigener Tasche bezahlen konnte. Die Geschäfte laufen eben nicht mehr so gut, seit es das große Kleidungsgeschäft gibt. Selbst ihr Vater beschwert sich des Öfteren darüber, dass die Einnahmen zurück gehen. Allerdings war der Verkauf von Anzügen schon lange nicht mehr ihre Haupteinnahmequelle.
Nur verschwommen, dank dem Regen, kann Olivia sehen wie die Polizisten zum Eingang des Ladens laufen. Die Scheiben scheinen zerbrochen zu sein. Kein Licht war zu sehen, doch Olivia war sich sicher, dass es vorhin noch gebrannt hat. Amadeo hatte die Angewohnheit nach Ladenschluss noch ein oder zwei Stunden dort zu verbringen um aufzuräumen und vor sich hin zu trauern.
Immer noch waren die Leute hinter ihr still und sie war sich sicher, dass keiner es wagte sich zu bewegen und es schien eine Ewigkeit zu dauern, bevor die Männer wieder heraus kamen. Zwischen ihnen Amadeo, dessen Gesicht blutüberströmt zu sein scheint. Sein Hemd ist zerrissen, aber offensichtlich versucht er so gut wie es geht selbst zu laufen. Inzwischen steht auch Fabrizio am Schaufenster und schiebt Olivia jetzt weg. "Du solltest dir das nicht anschauen..." murrt er, während Olivia sich abwendet und zurück zur Theke geht: "Nonno..." spricht sie ihren Großvater leise an: "Einen Whiskey?" murrt ihr Großvater und Olivia nickt nur schweigend. Als die Sirenen wieder anspringen zuckt sie zusammen, entspannt sich allerdings gleich wieder, als sich der Wagen offensichtlich zu entfernen scheint. Ebenso wie die anderen Gäste und es dauert nur noch wenige Minuten, bevor die Musik wieder zu spielen anfängt und sich langsam wieder entspanntere Stimmung breit macht.

Vito schaut Olivia noch grinsend nach. "Sag mal wie schaffst du das immer?" "Was?" Der Hafenarbeiter schaut Giorgio fragend an. "Ja das mit den Frauen?" "Immer? Du versuchst doch immer dich an jede Frau ranzumachen nicht ich." Darauf zieht er an der Zigarre und bläst kurz darauf den Rauch wieder aus seiner Lunge. "Vielleicht sollte ich mal ehrlicher sein." "Vielleicht solltest du nicht sagen das du Abteilungsleiter bist, obwohl es nicht mal eine Abteilung gibt..." "Wäre auch eine Möglichkeit." Vito schüttelt seinen Kopf. "Auf was hab ich mich da nur mit dir eingelassen?" "Das Richtige, mein Freund." Darauf hebt Vito fragend eine Augenbraue.

Ein weiterer Schluck wird vom Scotch genommen. "Warum nimmst du eigentlich das so ziemlich teuerste Getränk das ich mir vorstellen kann?" "Keine Ahnung, aber das Zeug schmeckt." Vito muss nur lachen auf diese Antwort. Und schon sind die Sirenen der Polizei zu hören. 'Kommt nicht hier rein, nicht hier rein....' denkt sicih Vito und blickt zum Fenster, nun gut da sind ja die Vorhänge davor, aber Olivia späht ja hinaus. Er versteht nur undeutlich was sie sagt jedoch scheinen die Polizisten nicht zu ihnen zu wollen. Des einen Glück ist wohl des anderen Freud, denn bald geht Olivia wieder vom Fenster weg. Was auch immer da war, es interessiert Vito nun nicht sonderlich... wahrscheinlich wohl wieder die Culincis und das gefällt Vito gar nicht.

"Was meinst du? Waren sie es?" fragt Giorgio. "Sie sind es immer, oder hast du schon was von einer anderen Familie gehört?" "Angeblich sollen die Russen ja auch so was haben." "In Ney York gibt es keine Russen." "In New York gibt es alles." Vito zuckt nur mit den Schultern. Da ist nun auch wieder Olivia an der Theke. "Was war da draußen?" fragt nun Vito. Die Neugierde muss ihn doch gepackt haben, ansonsten hätte er wohl nicht gefragt.

"Irgendjemand war wohl bei Amadeo vorbei geschaut... Die Tür ist kaputt und die Polizisten haben ihn mitgenommen. Soviel ich erkennen konnte, hat ihn jemand zusammen geschlagen." murmelt Olivia an ihr Glas und stürzt den Whiskey dann mit einem Zug hinunter. Der herbe, fast karamellige Geschmack breitet sich in ihrem Mund aus, bevor es ihr scharf und warm die Kehle hinunter brennt. Für einen Augenblick entgleißen ihre Gesichtszüge. Sei kneift die Augen zusammen und verzieht den Mund. "Und das waren entweder die Culcinis wegen der Krankenhausrechnung von seiner Frau, Gott hab sie seelig, oder irgendwelche Halbstarken, die ihm die Kasse ausräumen wollten." vermutet sie vor sich hin. "Aber im Grunde ist es auch egal... Ich glaube nicht, dass er das Geld aufbringen kann für noch eine Arztrechnung und die kaputte Türe vom Laden..."
Mit einem bitteren Zug um die Lippen dreht sie das Glas in der Hand, und beobachtete die letzten Tröpfchen, die sich bräunlich glänzend darin verfangen haben.
"Traurig... Er hat nicht mal Kinder oder so hier. Ich glaube die sind wieder zurück nach Italien gezogen vor dem Krieg oder so..." Sie zuckt mit den Schultern und stellt das Glas auf die Theke. Jetzt, wo wohl viele befürchten, dass noch mehr Polizei antanzen würde, verließen viele der Gäste die Bar. Sicher würden sie morgen Abend wieder kommen, allerdings war dieser Abend wohl gelaufen. "Scheint so, als könnte ich meine Pause verlängern." Olivia stemmt sich rücklinks hoch um sich auf die Theke zu setzen und schlägt die Beine übereinander. "Ist ja nicht das erste mal, dass hier irgendwo Polizei stehen bleibt. Ein Wunder, dass die noch nix mitbekommen haben... Oder vielleicht haben sie das auch und die Culcinis haben sie geschmiert. Was weiß ich."

"Amadeo." murmelt Vito nun und blickt zum Kleiderständer an dem sein Hut hängt. "Ist ein guter Kerl, von ihm hab ich auch meinen Hut." Vito zieht noch ein letztes Mal von der Zigarre. Genüsslich ist der Rauch der nun in seine Lunge strömt. Er raucht zwar nicht oft, aber ein Lungenzug ist eben auch drinnen. Dabei drückt er die Zigarre beim Aschenbecher aus. "Das waren sicher die, sonst könnte ich mir das nie erklären... Irgendjemand muss mal etwas gegen sie machen." meint er dann, denn in letzter Zeit wird die Sache mit der Familie von Tag zu Tag schlimmer. "Sie gehen schon bald auf den kleinsten Mann hier in Little Italy los." Der Hafenarbeiter blickt sich kurz um. "Aber lassen wir das Thema, es ist nicht gut darüber zu sprechen wenn sie in der Nähe sind."

Die Geschichte von Amadeo ist wirklich alles andere als eine schöne. Seine Frau ist tot, er hat Schulden. Kinder sind zurück nach Europa, wo wohl die Hölle los war. Warum auch immer dieser Kaiser den Krieg erklären musste. Es ist nun schon wieder fünf Jahre her seitdem Frieden herrscht aber immer noch wird dort nicht alles so sein wie früher. Aber das ist nun wirklich eine andere Geschichte. "Die Polizei nimmt doch jeden Dollar an, die kommen hier nicht rein... nicht jetzt." Ob Vito da nun Recht hat? Jedenfalls trinkt er nun noch den letzten Schluck vom Scotch.

"Na mein Freund, was denkst du?" fragt Giorgio nun und schaut zu einer kleinen Frau mit lockigen, schulterlangen, braunen Haar hin. "Deine Sache." "Vito, na komm schon, was denkst du?" "Nicht das selbe wie du." "Na endlich." Manchmal fragt sich der Hafenarbeiter wirklich wieso der Kerl ins Büro gesteckt wurde. Nun gut, er hat gezeigt das er denken kann.

"Olivia, wieso haben wir uns hier in Little Italy eigentlich noch nie gesehen?" fragt Vito nun die Frau, die an der Theke sitzt. Er lebt nun ja schon seit etwa 20 Jahren hier in Amerika und hat sie wirklich noch nie gesehen, oder vielleicht doch? Er wüsste jedenfalls nichts davon.

"Ich weiß es nicht, ich würde mich zumindest daran erinnern." grinst Olivia und beobachtet, wie Giorgio sich von der Theke abstößt und in Richtung der Frau marschiert, über die er vorhin gesprochen hat. "Ich glaube sie heißt Lucia... Arbeitet in einer Bank oder so..." erklärt sie, bevor sie sich wieder Vito zuwendet.

"Allerdings... Kann es doch sein, dass wir uns schon mal über den Weg gelaufen sind, ohne genauer darau zu achten. Wenn ich spazieren gehe, könnte neben mir eine Bombe einschlagen und ich würde es wahrscheinlich nicht einmal mitbekommen. Mein Vater sagt immer, ich hätte den Kopf in den Wolken." Schmunzelnd füllt sie das Glas wieder mit Wasser: "Viele Leute fragen mich oft, ob ich sie denn nicht winken gesehen habe, wenn ich einkaufen gehe, aber ich kann mich dann nie daran erinnern. Es kann also gut sein, dass wir uns sehr wohl schon einmal gesehen haben. Oder... Dass du mich gesehen hast. Schade eigentlich... Vielleicht sollte ich anfangen aufmerksamer zu sein."

Lächelnd zieht sie die Schultern hoch und streicht sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, bevor ihre Augen frech aufblitzen: "Ich verpasse wohl sonst das Beste wie es scheint, oder?" Zwinkernd trinkt sie einen Schluck und stellt das halbleere Glas dann neben sich auf die Theke.

Polly schiebt sich an dem breitschultrigen Italiener vorbei. Kurz blickt sie zu ihm auf, immerhin ist er gut einen Kopf größer als sie. "Schau nicht so. Sonst fallen dir die Augen raus." murrt sie grinsend und zieht ihren völlig durchnässten Mantel aus. Selbst ihr Kleid hatte vom Wasser feuchte Flecken bekommen. Sie betritt die Schneiderei und lässt ihren Blick durch den Raum schweifen. Viel ist heute wohl nicht los und an der Theke steht der alte Feruccio, der ziemlich argwöhnisch die Unterhaltung von Fabrizios Schwester mit einem Kerl zu beobachten scheint. Aber das soll Polly egal sein. Sie grüßt Olivia kurz mit einem Kopfnicken, bevor sie zwei Gläser Whiskey bestellt und zieht ein paar Dollarscheine aus ihrem Ausschnitt. Ein Glas reicht sie an Seamus weiter und deutet mit einem Kopfnicken auf zwei Stühle in einer Ecke in der nähe des Schaufensters, welches mit Vorhängen abgedunkelt ist. "Belfast hm? Ich bin eigentlich aus Dublin."

Seamus mustert den Rausschmeißer amüsiert, er ist vielleicht breitschultrig, aber wie alle Italiener eher kleiner als die Nordeuropäer. Grinsend betrachtet er ihn "Falls hier einer Ärger macht, kannst du mich bitten dir zu helfen." sagt er grinsend und geht dann weiter. Als Polly schon den Wiskey bringt, nickt Seamus und folgt ihr dann zu den Stühlen. Seine Jacke hat er natürlich vorher auch ausgezogen und sitzt jetzt in einem eher alten Pullover auf dem Stuhl. "Danke, was schulde ich dir?" fragt er und beginnt in der Tasche seiner Hose rumzukramen. Dann hebt er sein Glas und sagt dann "Auf die Grüne Insel, die Queen, diesen versifften Kontinent namens Amerika und unsere netten südländischen Gastgeber!" sagt er grinsend und trinkt seinen Wiskey in einem Schluck aus. Dann fährt er mit dem Gespräch fort "Dublin, hmm? War ich mal geschäftlich. Nicht gerade eine angenehme Stadt, aber ich kenn da ein paar Leute mit denen ich Geschäfte gemacht habe!"

"Gar nichts. Du zahlst die zweite Runde." Polly hebt ihr Glas ebenfalls: "Zum Wohle."
Sie stürzt den Whiskey ebenfalls in einem Zug runter und zieht die Luft scharf ein und lehnt sich auf dem Stuhl zurück. Zufrieden verschränkt sie die Arme vor der Brust und schließt für einen Moment die Augen. Zumindest war es hier drin trocken. Das Gemurmel der anderen Gäste, gepaart mit der rauchigen Luft und die Wärme in ihrem Magen durch den Whiskey haben eine erstaunlich ermüdende Wirkung auf Polly und für einen Augenblick ist sie wirklich kurz davor einzunicken, weshalb sie die Augen öffnet und sich gerade hinsetzt. Es wäre doch schon etwas peinlich hier einfach einzuschlafen. Es war ja nicht so, als hätte sie kein Zuhause.
Grübelnd kratzt sie sich am Nasenrücken und lehnt sich dann etwas nach vorne: "Also... Wenn du keine Arbeit hast und dich vor etwas... Drecksarbeit nicht scheust, würd ich mal bei den Culcinis anfragen. Die suchen eigentlich immer tatkräftige Leute."

Vito blickt seinen Freund nun nach, manchmal fragt er sich wirklich warum der so vielen Frauenröcken nachlaufen kann, aber das ist wohl nicht die eigentliche Frage, denn viel seltsamer ist das er keine feste Beziehung hat... Das liegt wohl dann wieder daran das er zu viel angibt und sich aufplustert.

'Sie träumt gern, soso' denkt er sich und lauscht den Worten der jungen Frau. "Ach, es ist auch oft besser wenn man bestimmte Personen nicht näher kennen lernt." meint er nur denn so manche Bekanntschaft mit Culincis könnte er verzichten, besonders die mit Pietro. "Aber wir haben uns doch heute gesehen, und so alt sind wir doch noch nicht. Also hätten wir uns früher oder später mal über den Weg laufen müssen." Wohl wahr, man sieht sich meistens zwei mal im Leben, so wird es wohl auch mit Olivia weiter gehen.

Als nun zwei Iren die Bar betreten muss Vito einfach grinsen. Den Kerl kennt er, er wohnt im selben Block wie seine Familie. "Ah, schau mal an der Ire hat nun auch zum Alkohol gefunden." Er fragt sich immer noch wie so ein Kerl überhaupt hier hin zieht. Wahrscheinlich will er sich zum Italiener einbürgern. Aber ihm soll es wie immer Recht sein, solange er nichts mit den Culincis am Hut hat.

Seamus zuckt mit den Schultern "Na dann" Er steht auf, geht zur Bar und holt zwei neue Wiskey gläser. Er wird zwar gemustert, doch sobald er einen seiner vielen grünen Scheine zeigt, kriegt er was er bestellt hat. Er geht zurück zu Polly und sagt dann "Soso, die Mafia sucht tatkräftige Leute? Nehmen sie denn auch Iren?" fragt er leicht grinsend und überlegt, dann was für eine Schmach es wäre sich von einer Horde Italiener rumkommandieren zulassen. Naja, er hat auch schon Befehle von Engländern entgegen genommen. Außerdem brauchte er das Geld.

"Ah wunderbar... Jetzt kommt die leichte Gesellschaft. Das wäre doch was für deinen Freund. Dafür muss er nur das Geld locker sitzen haben." ätzt Olivia, die für Huren nicht gerade viel übrig hat. Sie hat es noch nie verstanden, wie man so tief sinken kann um seinen Körper gegen Geld für Dinge anzubieten, von denen Olivia bisher nur hinter vorgehaltener Hand gehört hat. Über sowas redete man nun mal nicht. Und diese Frauen, so wie die Rothaarige, nahmen Geld dafür um sich in schmutzigen Seitengassen oder sonst wo...

Bei dem Gedanken schüttelt sie den Kopf, bevor sie den Blick von den beiden Iren abwendet.
"Iren finden den Alkohol doch immer. Die riechen den kilometerweit gegen den Wind. So wie Bluthunde." Olivia grinst breit, bevor sie sich eine weitere Zigarette anzündet.
"Aber ich bin mir sicher, dass sie über uns ähnlich denken. Wenn auch nicht gerade im Zusammenhang mit Alkohol. Ich bin mir sicher, dass sie jeden Kerl hier drin für einen Casanova halten." dabei fiel ihr Blick für einen Moment auf Giorgio: "Oh... So viel dazu." jetzt musste Olivia nun doch lachen.

Vito hatte ehrlich gesagt mit den Iren noch nie viel zu tun. Man sieht in den Iren eben immer diese Alkoholiker und Unruhestifter. Als die Frau nun auch noch den Vorschlag macht das Saemus zu den Mafiosi geht hebt er eine Braue. 'Iren in einer Mafia?' fragt er sich nur und schaut nun wieder zu Olivia. "Giorgio sollte sich wirklich mal an so was ran machen." auf die Worte schüttelt er mit den Kopf.

"Casanova ist gut." meint er dann und schaut lachend zu Giorgio. "Ehm, Entschuldigung, junge Frau, kennen wir uns?" fragt Giorgio Luzia. "Ich glaube nicht, sollten wir das?" "Ich glaube durchaus schon, ich bin nämlich Abteilungsleiter in einen wichtigen Büro." "So ist das." Weiter horcht Vito gar nicht mehr zu. "Der Kerl ist und bleibt einfach ein Frauenheld, der keine abkriegt.

"Iren müssen doch nicht sonderlich die intelligentesten sein, sonst würde die ja nicht einfach so über sie reden. Ich glaube ja nicht das ich die noch öfters sehen werde." das ganze sagt er in einem brüchigen Italienisch, er will da jetzt keinen Streit anzetteln, den der Kerl sieht alles andere aus als wie ein schwacher Kerl.

"Solange man die richtigen Argumente hat, nehmen die Jeden denke ich." Polly nimmt mit einem dankenden Kopfnicken das Glas entgegen: "Auf das scheiß Wetter." grinst sie und hebt ihr Glas, bevor sie den Whiskey trinkt.
"Immerhin siehst du nicht so aus, als würdest du keine schlagkräftigen Argumente haben. Außer du bist einer von diesen Kerlen, bei denen nichts dahinter steckt. Von denen gibts ja auch genug hier in der Gegend." Grinsend blickt sie dabei in die Runde. Und einige davon scheinen sich ja heute hier versammelt zu haben. Die meiste Zeit hat Polly den Eindruck, dass die Italiener äußerst selbstgerecht waren. Aber kein Wunder. Es gibt hier eben fast nur Italiener.
"Also... Überlegs dir. Es ist nicht schwer einen Culcini zu finden. Die treiben sich ohnehin überall herum. Ich bin mir sogar sicher, dass der ein oder Andere jetzt hier ist."

Olivia zuckt mit den Schultern, zieht es allerdings vor ebenfalls italienisch zu antworten: "Das glaube ich nicht. Vielleicht haben die einfach nur ein anderes Verhältnis dazu... Aber zumindest die Hure weiß wie man überlebt. Die kommt immer mal wieder hierher und ich glaube Fabrizio war sie schon das ein oder andere mal bei ihr..." bei ihren Worten laufen Olivias Wangen rot an. Allein der Gedanke treibt ihr die Schamesröte ins Gesicht und sie grinst verhalten, bevor sie sich wieder fängt.
'Verhalt dich nicht so kindisch...' ermahnt sie sich gedanklich selbst und räuspert sich trocken um sich wieder zu fassen. Gerade will sie noch etwas sagen, als die Tür zum Lagerraum aufgeht und ihr Vater mit düsterem Ausdruck in den Augen kurz heraus kommt. Olivias Blick verfinstert sich ebenfalls. Sie beobachtet ihren Vater wie er einige Zigarren aus dem Bauchladen nimmt und ihr einen Augenblick lang die Hand auf die Schulter legt.
"Papa... Geht es dir gut?" fragt sie leise und er nickt, scheint sich zu einem Lächeln zu zwingen: "Nur das Übliche mia stella." antwortet er und wendet sich wieder der Lagerraumtür zu. Olivia beobachtet wie er die Tür hinter sich schließt.
"Manchmal wünschte ich wir wären ganz weit weg..." murmelt sie gedankenverloren.

Seamus trinkt seinen Wiskey ebenfalls leer und nickt dann nur "Ich werde schon was finden. Viel wichtiger ist wohl eher, dass ich jemanden brauche der mir eine Pistole besorgt. Du kennst nicht zufällig jemanden?" fragt er jetzt leise, sodass irgendwelche Italiener es nicht hören können, wobei das eh rätselhaft ist, immerhin ist die Bar gut besucht. "Kannst du mir auch einen Namen sagen oder wo ich die Culcini finden kann?"